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Geschichte des Rades: Ursprung, Entwicklung, Einsatzfeld

Es gilt als eine der wichtigsten Erfindungen der Menschen: das Rad. Bei TORWEGGE arbeiten wir seit 65 Jahren damit. In der Regel setzen wir es ein, um die Beförderung von Lasten aller Art zu vereinfachen. Dafür war es ursprünglich gar nicht überwiegend gedacht. Ursprünglich, das heißt vor etwa 5.000 Jahren. So lang reicht die bewegte Geschichte des Rades zurück, deren wesentliche Meilensteine wir hier kurz skizzieren werden.

09.04.2021
von Thorsten Burgard
Lesezeit: ca. 5 Min.

 

Die schlechte Nachricht zuerst: Man weiß nicht genau, wann und wo das Rad erfunden wurde. Sicher ist nur, dass die Geschichte einer der bedeutendsten Erfindungen des Menschen vor mindestens rund 5.000 Jahren begann. Denn es gibt Belege dafür, dass zu der Zeit weltweit an unterschiedlichen Orten Räder im Einsatz waren – und zwar nicht nur beim Transport von Menschen oder Gütern.

Zugegeben, die Beförderung von Menschen und Gütern ist der naheliegendste Einsatzzweck von Rädern. In Ägypten beispielsweise trugen Menschen die schweren Steinblöcke für den Pyramidenbau zunächst selbst, dann wurden sie auf Schlitten und Tragen gezogen. Zunächst wurden sie tatsächlich über die Erde geschliffen. Später wurden beispielsweise Baumstämme als Walzen daruntergelegt, was die Fortbewegung der Lasten erheblich erleichterte.

3.500 vor Christus: Tontäfelchen und Baumstammscheiben

Lange ging man davon aus, dass die Geschichte des Rades circa 3.500 Jahre vor Christi Geburt im heutigen Irak begann: Mit Gleitlagern versehene Töpferscheiben wurden damals bei der Keramikherstellung eingesetzt. Die Drehung der Töpferscheibe erleichterte das Verformen des Tons.

Mittlerweile ist bekannt, dass es zur gleichen Zeit auch in Mittel- und Osteuropa schon Räder gab. Dabei handelte es sich um Holzscheiben, die unter Wagen befestigt wurden, wobei die Konstruktionen regionale Unterschiede aufwiesen: Während sich im westlichen Mitteleuropa Rad und Achse gemeinsam drehten, rotierte das Rad in Osteuropa um die Achse herum. Alle Varianten erleichterten den Transport von Waren. Allerdings waren durch die massiven Räder die Wagen sehr schwer und damit schwierig zu lenken.

2.000 vor Christus: Rad mit Speichen

Ebenfalls im heutigen Irak wurden circa 1.500 Jahre später leichtere Räder gebaut: mit Speichen aus Bronze, die immer noch recht schwer und im Laufe der Zeit durch leichtere Holzspeichen ersetzt wurden – erst im 19. Jahrhundert kamen Metallspeichen zurück, weil sich die technischen Möglichkeiten weiterentwickelt hatten und Metall höhere Lasten tragen oder höheren Geschwindigkeiten standhalten kann. Durch das geringere Gewicht waren die Wagen, unter denen die Räder befestigt waren, nun beweglicher.

Eingesetzt wurden Räder in der Zeit vielerorts, zum Beispiel in Ägypten, China, Europa und Indien, zu unterschiedlichen Zwecken, etwa in der Kriegsführung unter Streitwagen/Karren, bei der Ernte oder auf dem Bau. In Amerika und Australien war das Rad als Transportmittel lange Zeit unbekannt.

500 vor Christus: Zahnräder und Wasserräder

Die Ägypter und die Griechen fanden weitere 1.500 Jahre später, inzwischen befinden wir uns circa im Jahr 500 vor Christus, einen weiteren Anwendungsfall neben dem Transport heraus: Das Rad fand Einzug in die Technik:

  • Zahnräder in Wasserschöpfwerken
  • Kräfteverstärkung in Übersetzungsgetrieben
  • Wasserräder

Die Maya beispielsweise nutzten ab dem 3. Jahrhundert nach Christus Zahnräder in Anwendungen, in denen keine schweren Lasten zu bewegen waren, beispielsweise in Räderwerken von Kalendern oder für Spielzeug.

6. bis 14. Jahrhundert: Produktivitätssteigerung

Spätestens seit dem Mittelalter bildet das Rad die Grundlage für zahlreiche technische Entwicklungen, die die Produktivität menschlicher Arbeit steigerten.

Ab dem 6. Jahrhundert wurden beispielsweise Wind- und Wassermühlen verbreitet eingesetzt, um natürliche Ressourcen in Bewegungsenergie umzuwandeln. Beim Getreidemahlen oder zum Antreiben unterschiedlicher Geräte, etwa in Werkstätten oder in der Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen wie Holz (Waidmühlen zum Sägen) oder Eisen (Blasebälge zum Anfeuern von Hochöfen), erleichterten sie den Menschen die Arbeit.

In der Landwirtschaft machte man sich Räder unter anderem bei Pflügen zunutze. Mithilfe von Räderpflügen konnten Böden zwecks besserer Belüftung gewendet werden. Die Ertragskraft der Felder stieg und zuvor ungenutzte Böden beispielsweise in feuchten Tälern konnten bestellt werden.

Auch die Textilwirtschaft profitierte vom Rad: Im Mittelalter wurden das Spinnrad und der Trittwebstuhl erfunden. Sowohl in der Herstellung von Garn als auch in Webereien verbesserte sich dadurch die Produktivität.

14. bis 16. Jahrhundert: Fortschritte unter anderem im Bergbau

Die bekannteste Erfindung aus der Renaissance ist der Buchdruck. Das Rad verlor dadurch aber keineswegs an Bedeutung, hat es doch beispielsweise die Uhrtechnik stark nach vorn gebracht. Denn aus dieser Zeit stammen die ersten mechanischen Räderuhren, in deren Inneren ein Gewicht oder eine Feder Zahnräder bewegten, sodass sich die Zeiger drehen konnten.

Auch im Bergbau begünstigten Räder einen wichtigen Entwicklungsschritt: Die Einführung von Kehrrädern, also Wasserrädern, die die Laufrichtung ändern konnten. So ließen sich Lasten nun einfacher senken und heben. Inzwischen wurden die Wagen und Karren unter Tage teilweise auch auf Holz- oder Eisenschienen gefahren – eine Technik, die wir noch heute nutzen, um an Leichtläufigkeit zu gewinnen.

17. und 18. Jahrhundert: „Schwerlasträder“

Schon während der Renaissance wurde die Nutzlast von Lastwagen größer. Drei bis vier Tonnen konnten die Wagen im 17. Jahrhundert tragen. Im 18. Jahrhundert waren es dann schon bis zu acht Tonnen. Die Räder, die unter den Wagen zum Einsatz kamen, waren deutlich breiter als bei kleineren Lasten. Denn mit zunehmendem Gewicht nimmt der Bodendruck zu, was die Bewegung schmaler Räder erschwert. Zudem hinterließen schmale Räder auf den Straßen Spurrillen.

19. und 20. Jahrhundert: Industrialisierung und unrunde Räder

Seither wurden Räder immer weiterentwickelt: Darunter waren Hochleistungslager, Einzelradaufhängungen, integrierte Brems- und Antiblockiersysteme, Leichtmetallfelgen, schlauchlose Reifen, unterschiedliche Materialien für Räder und Laufflächen entsprechend des Einsatzzwecks…

In ihren diversen Ausführungen waren Räder zum Teil Wegbereiter oder zumindest essenzielle Bestandteile für zahlreiche technische Entwicklungen während der Industrialisierung. Beispiele sind die Dampfmaschine, Dreh-, Hobel- und Fräsmaschinen, Fahrräder, Motoren oder Kraftfahrzeuge.

Während Räder fast 5.000 Jahre lang immer rund waren, stellten Physiker Ende des 20. Jahrhunderts fest, dass ein Kreis nicht die einzig mögliche Form eines Rades ist: Bei Fahrrädern mit ovalen Kettenrädern können Fahrerinnen und Fahrer ihre Muskelkraft gleichmäßiger nutzen, als wenn die Räder kreisrund wären.

Heute: Diverse Verwendungszwecke

Bis heute haben sich die Einsatzbereiche von Rädern stark diversifiziert. Räder werden dazu häufig mit anderen technischen Elementen kombiniert.

Beispiele:

  • Transportmittel: In Kombination mit Achsen werden Räder vor allem zum Tragen von Lasten genutzt. Dabei drehen sich entweder Rad und Achse oder das Rad um die Achse herum. Liegt zwischen Rad und Achse noch ein Lager, sind die durch die Drehung entstehende Reibung geringer und damit der Rollwiderstand geringer.
  • Kraftumlenkung: Kommen Räder auf Baustellen, an Fördertürmen oder in Aufzügen zum Einsatz, wirkt der Mechanismus des Flaschenzuges. Dabei ist ein Seil um zwei Räder oder Rollen gespannt. Drehen sich die Rollen, bewegt sich das Seil. Daran befestigte große Lasten können so einfach befördert werden.
  • Rotation von Körpern: In mechanischen Konstruktionen dienen Räder dazu, Drehmomente zu übertragen. Zahnräder etwa in Getrieben oder Uhrwerken funktionieren auf diese Weise ebenso wie Riemenscheiben bei Transmissionswellen.
  • Kraftübertragung: In Arbeitsmaschinen werden über Räder Kräfte an zu bearbeitende Materialen übertragen. Die Töpferscheibe ist hier nur ein Beispiel. Ein weiteres ist das Wasserrad, das durch Wasserkraft angetrieben wird und Mühlen in Bewegung bringt.
  • Energiespeicherung: Bei rotierenden Maschinen können Räder Drehmomentschwankungen ausgleichen und verhindern damit, dass die Maschinen bei zeitweise fehlender Antriebskraft zum Stillstand kommen.
  • Kraftausgleich: Unter Körper montiert, können Räder stabilitätsfördern wirken. Durch Bewegungen oder Temperaturunterschiede verändert sich teilweise das Volumen von Körpern. Wären diese statisch, könnten sie brechen, wenn sie sich ausdehnen oder zusammenziehen. Räder verhindern dies, da sie den Körpern Spielraum für Bewegungen geben.

 

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