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Ergonomische Arbeitsplätze: Ein Plädoyer

Die Krankheitstage von deutschen Arbeitnehmern schreien nach ergonomischeren Arbeitsplätzen – vor allem in der Logistik. Müssen hier die Dienstgeber in die Pflicht genommen werden? Ein Kommentar.

04.06.2019
von Vanessa Dumke
Lesezeit: ca. 4 Min.

 

35 Millionen Krankheitstage im Jahr sind in Deutschland laut DAK-Gesundheitsreport 2018 auf Rückenbeschwerden zurückzuführen. Drei Viertel aller Berufstätigen leiden unter Schmerzen, knapp 15 Prozent seit mindestens drei Monaten. Lagermitarbeiter führen die Statistik an. Denn ständiges Heben und Bewegen schwerer Güter belasten Knochen, Muskulatur und Sehnen stark, insbesondere bei einer ungesunden Körperhaltung. Hier können – nein, müssen – Arbeitgeber etwas tun. Im Interesse ihres Personals, aber auch ihres eigenen.

Fallen Mitarbeiter aus, ist das teuer. Entweder bleibt Arbeit liegen oder sie muss von Kollegen erledigt werden, bei denen das Risiko der Überforderung und damit die Fehleranfälligkeit steigen. Beides ist schlecht fürs Geschäft. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat errechnet, dass ein einzelner Krankheitstag im Jahr 2017 die deutsche Wirtschaft im Schnitt 203 Euro kostete. Multipliziert mit 35 Millionen kommt da eine ziemlich große Summe zusammen.

Automatisierung auf dem Vormarsch

Vor diesem Hintergrund klingt der Ruf nach einer Automatisierung einfacher und belastender Tätigkeiten absolut logisch. Es gibt bereits Industrien, in denen viele Arbeitsschritte nicht mehr von Menschenhand umgesetzt werden. Die Automobilbranche ist so ein Beispiel. Aber machen wir uns nichts vor: Die Automatisierung kostet ebenfalls Geld – ziemlich viel sogar. Was sich große Konzerne, wie es Autobauer sind, leisten können, kann das Gros der deutschen Betriebe nicht mal eben finanzieren. Schließlich ist die deutsche Wirtschaft insgesamt mittelständisch geprägt. Hinzu kommt, dass eine Vollautomatisierung nicht von heute auf morgen erreicht ist. So nachvollziehbar die Forderung nach Automatisierung ist, so naiv ist der Glaube an eine Umsetzung innerhalb kürzester Zeit. Ganz abgesehen davon, ob es überhaupt wünschenswert ist, Menschen komplett durch Maschinen zu ersetzen.

Aktuell zeichnet die Wirtschaft sowieso ein anderes Bild: Noch nie war es für das produzierende Gewerbe so wichtig und schwierig zugleich, Mitarbeiter zu finden. Der Mensch als Arbeitskraft war und ist sehr wertvoll. Umso wichtiger ist es, dass er zuverlässig und dauerhaft seine Aufgaben erledigen kann. Folglich müssen Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die ihn entlasten, statt körperlich und mental zu beeinträchtigen.

Gesunde Mitarbeiter sind zufriedener

Ergonomie ist hier das Stichwort. Bezogen auf den Arbeitsplatz meint Ergonomie Arbeitsbedingungen, die zu den Menschen passen. Diese herzustellen, ist – so ganz nebenbei angemerkt – nicht nur eine Nettigkeit von Arbeitgebern, sondern deren Verpflichtung nach der Arbeitsstättenverordnung. Demnach sind bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen sowohl körperliche Faktoren wie Kraft, Körpergröße und Alter als auch mentale Aspekte wie Ausführbarkeit, Zufriedenheit und Erträglichkeit einzubeziehen. Im Ergebnis führt dies zu einer höheren Wirtschaftlichkeit des Unternehmens, da gesunde und zufriedene Mitarbeiter die besten Arbeitsergebnisse liefern und einem Unternehmen lange erhalten bleiben.

Immerhin: Diese Schlussfolgerung scheint sich langsam durchzusetzen. Wir als Intralogistikspezialist stellen einen Anstieg der Anfragen nach ergonomischen Lösungen fest. Aber das hat gedauert. Schon vor über 60 Jahren hat TORWEGGE sich das Thema Ergonomie auf die Fahne geschrieben. Und erst heute, in Zeiten von Fachkräftemangel und des demographischen Wandels, wird es zunehmend in Unternehmen diskutiert. Für Büros werden höhenverstellbare Schreibtische und ergonomische Stühle angeschafft, für Produktionshallen hydraulisch höhenverstellbare Montageeinheiten und Hubtische, in Logistikzentren Kommissionierwagen mit leichtlaufenden Rollen. Gut so. Und weiter so. Denn wir brauchen aktuell keine Roboter, die arbeiten wie Menschen. Wir brauchen Menschen, die bei ihrer Arbeit genauso wenig wie Roboter aufgrund zu hoher Belastungen am Arbeitsplatz regelmäßig oder über längere Zeiträume hinweg ausfallen. Und um dies zu erreichen, ist es notwendig, das Gesundheitsmanagement für die Mitarbeiter als festen Bestandteil der Unternehmensführung zu etablieren.

Ein paar Worte noch an die Skeptiker und Sparer: Ja, die Einrichtung ergonomischer Arbeitsplätze ist nicht umsonst. Aber sehen Sie sich mal die Entwicklung der Krankentage in Ihrem Unternehmen an. Wir sind uns sicher: Wenn Sie das Geld nicht jetzt in die Hand nehmen, kostet Sie das am Ende viel mehr. Investieren Sie jetzt in eine gesunde Zukunft Ihrer Mitarbeiter – und Ihres Unternehmens.

 

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